Jetzt reden Fahrende Klartext
Aus dem heutigen Bote der Urschweiz:
Fahrende sollen in der Gemeinde Schwyz einen Standplatz bekommen. Nun wird geklärt, wer für den allfälligen Platz verantwortlich sein könnte.
Von Andreas Seeholzer
Seit 50 Jahren gastiert die Sippe Birchler jeweils kurz vor der Badesaison auf dem Parkplatz der Badi Seewen. «Unsere Grosseltern waren schon hier, damals noch mit Ross und Wagen», sagt das Familienoberhaupt, der mit seinem Namen nicht erwähnt werden will. Von allen der 25-köpfigen Familie wird er «Big Boss» genannt. Man habe mit der Gemeinde Schwyz immer sehr gute Erfahrungen gemacht, sagt «Big Boss». Und auch auf der Gemeinde Schwyz tönts ähnlich: «Mit dieser Familie hatten wir meines Wissens nie Probleme», sagt Gemeindeschreiber Bruno Marty.
Warum einen Standplatz?
Und was spricht dafür, dass man Zigeunern in der Gemeinde Schwyz einen Standplatz einrichtet? Dazu die Frau von «Big Boss»: «Wir sind zwar Schwyzer, aber ohne einen Standplatz sind wir Ausländer im eigenen Land.» Zudem seien sie zivilisierte Leute «und klauen nicht». Die Birchlers sagen, dass sie Fahrende seien und keine Jenischen. Ihre genaue Bezeichnung sei «manisch». Man dürfe sie keinesfalls mit ausländischen Zigeunern vergleichen, denn genau da liege das Problem: Wenn bei einem Standplatz ausländische Zigeuner zugelassen werden, bringe dies nur Probleme. «Wir sind nicht so, wir wollen Komfort wie saubere Toiletten, zudem beschädigen wir nichts und bezahlen, was anfällt.» Falls es zu einem Standplatz in Ibach komme, sei es darum wichtig, dass dieser auch gut organisiert und geführt werde. Sobald man einen Platz für alle öffne, beginne es mit den Problemen. Vor allem ausländische Zigeuner wie jene aus Frankreich machen Schwierigkeiten, sagen die Birchlers.«Wir wollen auch nicht, dass die Radgenossenschaft den geplanten Platz in Ibach verwaltet», sagt «Big Boss», denn die Organisation sei «nicht fair». Die «Radgenossenschaft der Landstrasse» wurde 1975 als Selbsthilfeorganisation der Jenischen gegründet. Sie wird vom Bund als Dachverband der Schweizer Fahrenden anerkannt und erhält seit 1986 einen jährlichen Bundesbeitrag. «Big-Boss» kennt Beispiele aus Bern und Basel, wo von der Radgenossenschaft organisierte Standplätze «immer von den Gleichen besetzt sind». Richtig sei es jedoch, dass jede der Familien für jeweils rund zwei Wochen den Platz beanspruchen könne. So kämen Sippen wie die Birchlers, Gantners, Mosers oder Wasers alle einmal zum Zug.
Antworten bis Ende April
Der in der Gemeinde Schwyz geplante Standplatz ist im Nutzungsplanentwurf aufgeführt. Während der öffentlichen Auflage kam es zu Einsprachen. Die Einsprecher verlangen die Klärung von Fragen wie der Trägerschaft, Organisation und Verantwortlichkeit. Letzte Woche haben sich Vertreter der Gemeinde und des Kantons mit den Einsprachen befasst, bis Ende April sollen der Gemeinde vom Kanton Vorschläge diesbezüglich unterbreitet werden. Dies bestätigte Erwin Merz vom Justizdepartement gestern auf Anfrage.Wie Departementssekretär Merz weiter ausführte, habe man Gespräche mit einer für die Fahrenden im Kanton verantwortlichen Person und der Radgenossenschaft geführt. Die Vorwürfe der Birchlers über die Radgenossenschaft kennt Merz nicht. «Wir sind offen», sagt «Big Boss» Birchler, «wer uns besuchen will, ist jederzeit herzlich willkommen.»
Die Sippe Birchler gastiert in Seewen: Wer sich gerne ein Bild von den Fahrenden machen möchte, ist herzlich eingeladen, sie zu besuchen. Bild Andreas Seeholzer
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